Er ist ihr Geheimnis. Sie entdeckte ihn an einer dieser Wegkreuzungen, an denen man sich fragt, wohin man von nun an leben soll. Seitdem erfinden sie sich ständig neu und sie finden sich darin wieder. Ihre seltenen Begegnungen zünden ein jedes Mal Feuerwerke an. Keine allzu lauten, sondern die, deren Explosionen man hinter den Hügeln in der bretonischen Ferne hört.
Er ist ihr Geheimnis. Sie hat ihn überall dabei. Wenn sie
auf Reisen geht, verbirgt sie ihn wie eine Murmel in ihrer Hosentasche. Oder
wie einen Schlüssel zu einer Art von Glück. Sie denkt an ihn, wann immer es ihr
möglich ist. Und wenn nicht, dann denkt sie sich Geschichten, in denen sie ihn
zwischen die Zeilen schmuggelt. Sie schickt ihm Botschaften, die sich manchmal
in winzige japanische Gedichte verwandeln.
Er ist ihr Geheimnis. Er ist ein seltsamer Zeitgenosse,
der sich hinter Lampions versteckt. Er ist ein Fremder, der daheim vor dem
Spiegel das Lächeln übt. Bisweilen treffen sie sich in ihren Träumen, mitunter
aber auch mitten am Tag. Und ab und zu sendet er Zugvögel aus, um sie zum Süden
zu überreden. Sie aber geht lieber am Strand entlang und sammelt den frischen
salzhaltigen Wind.
Er ist ihr Geheimnis. Sie trägt ihn verkleinert wie Pan
Tau in einer Schuhschachtel quer durchs nächtliche Europa. Und nur an manchen
ausgesuchten Orten zaubert sie ihn groß und schaut ihn so lange an, bis er
nicht mehr ein noch aus weiß vor Berührung. Immer wieder verschwindet er, um
irgendwo mit einem Kranich aus Papier, der auf seinen Fingerspitzen tanzt, von
Neuem zu erscheinen.
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