Powered By Blogger

Mittwoch, 25. November 2015

003 Voodoo Firlefanz - LESEPROBE

Country-Song
Für Nils Koppruch

Ich liebe die sprechenden Zimmer und die hundertfach gebrauchten Tapeten. Ich lasse den Geruch von Schlaf zurück und eine verkehrsreiche Straßenkreuzung, das Schild einer Ortschaft und Bauernjungs, die den ersten Flüchtling ihres Lebens erblickt haben. Ich lasse einen Automaten zurück und eine Münze, die darin stecken bleibt. In einer wettergeschützten Ecke hocken Obdachlose wie Blätter, die der Wind dorthin zusammengeweht hat.
Manchmal, da muss gar nicht viel passiern, da genügen Zigaretten und Rotwein für ein Lied und irgendein flimmerndes Bild. Und ein Lastwagen, der dich blendet, während du auf einem Parkplatz stehst und dir vorstellst, dass hier die Reise beginnt.

Und die Dorfschönheiten tragen Girlanden um den Hals, und Billyboy macht den Jägermeisterversuch. Ein paar Kinostühle warten draußen mit nasskalten Polstern auf die Krähen, die den Morgen um sich versammeln wie einen Nervenzusammenbruch.  Die heiligen Klänge der Sonntagskirchenglocken versinken in grauen Pfützen. Noch immer trägt der Pfarrer seine weiße Weste zur Schau, die ihm nicht einmal die Kommunionmädchen mehr glauben.
Manchmal, da muss gar nicht viel passiern, da genügen Zigaretten und Rotwein für ein Lied und irgendein flimmerndes Bild. Und ein Lastwagen, der dich blendet, während du auf einem Parkplatz stehst und dir vorstellst, dass hier die Reise beginnt.

Gott ist so schnell wie ein Motorrad, diesen Satz hat ein Kind neben ein Bild gekritzelt. Als er die Höchstgeschwindigkeit überschreitet, wird er von der Polizei angehalten. Da macht er einen auf unsichtbar und lässt ihnen seinen Führerschein da, der sich wundersam in eine fliegende Bibel verwandelt. Und die schöne junge Polizistin hat nur einen gutgekleideten Mann gesehen, der ihr eine falsche Handynummer zugesteckt hat, und sie hat beide Augen zugedrückt.
Manchmal, da muss gar nicht viel passiern, da genügen Zigaretten und Rotwein für ein Lied und irgendein flimmerndes Bild. Und ein Lastwagen, der dich blendet, während du auf einem Parkplatz stehst und dir vorstellst, dass hier die Reise beginnt.

Ich blieb mir treu in den Jahren

Ich blieb mir treu in den Jahren des verdorbenen Fleisches und in den Jahren der zerstrittenen Paare, ich ging auf meinem Holzweg aus Passion von Schuppen zu Schuppen, hielt an vor den verschlossenen Türen und spähte dahinter, ohne dabei wirklichen Menschen in die Augen zu schaun. Ich pflegte mein Universum aus Gelegenheitsverrückten und stellte einen dummen August nach dem andern an die Spitze des Trauerzugs. Immer wieder sprach das Auge der Liebe zu mir trotz Nieselregen und abgerissenen Plakaten.

Ich blieb mir treu in den Jahren der zerronnenen Unschuld und in den Jahren der einsamen Herzen, ich genoss meinen Hausgang, den mir ein jeder freiwillig überließ. Die letzte Fledermaus hat ihren Halloween-Auftritt verpasst. Armes Wesen! Willkommen auf dem Zwischendeck. Hier riechts nach Öl und Feuer, aber dafür macht dir niemand deinen Platz streitig. Der lodernde Sonnenuntergang endet im Innern einer Essiggurke. Gläubige Verwandlung! Ich wilderte hinter Buchdeckeln, suchte nach Anmut und traf Hannah, die sich diesen Namen gegeben hatte, um mir einen schönen Klang ins Herz zu schmuggeln.

Ich blieb mir treu in den Jahren der ungebändigten Fadogesänge und setzte ihren zerbrochenen Versen ein Denkmal, deren unsichtbarer Glanz nun im Verborgenen blüht. Als mir die Stimme wegblieb, wusste ich: ich hatte zu viel gesagt. So verweile ich lieber beim Ablesen verschlüsselter Botschaften, die ich bis auf Weiteres heimlich in der Dunkelkammer schreibe. Streck deine Beine in die Höhe, irgendeiner wird sie schon ins rechte Licht rücken. Ich suche dein Gesicht in meinem Hinterhof. Die nächsten Kilometer gehe ich, ohne Umwege zu machen, dem Zenith des Hügels entgegen, während der Kühlschrank abtaut und die Buchstaben von Wort zu Wort hüpfen. Fang den Hut, wenn du ihn kriegen kannst. Ich habe meinen bereits wiederholt zum Einsammeln von Geldscheinen missbraucht.

„Voodoo Firlefanz“: 
Zu bestellen über den Brot und Kunst-Verlag
oder über: derpaulblau@web.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen