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Montag, 7. Juli 2025

071 Rue Letort, Paris

Wiederkommen. Ein Café in Paris, irgendeines. Ich werde eingefangen davon, noch immer. Egal wo. Ein kleiner Schwarzer fast wie im Vorbeischauen. Keine neuen Wunder, aber ein Film, den ich schon gesehen habe - mit einem neuen, offenen Schluss. Oder ein Buch, das ich immer wieder zur Hand nehme, und mir die Handlung doch mit anderen inneren Augen stets neu vorstelle. Ich steige niemals in den selben Fluss, ich gehe niemals durch die selbe Straße. Ich kehre immer wieder hierher zurück wie eine andere Person, die meinen Namen trägt.

Und heute ist der erste Tag, an dem ich mein petit dejeuner wieder bei mir zu Hause am Küchentisch zu mir nehme. Ohne den Blick auf den Zeitungsverkäufer vor seinem Wägelchen, der Le Parisien verkauft, ohne die dunkelhäutigen Männer, die an eine Laterne gelehnt dort stehen, und ohne den Blick auf die ältere Dame draußen an dem runden Tischchen, die morgens immer einen Creme und einen Orangensaft bestellt. Auch ohne den Kellner aus dem Café de Clignancourt, der schon weiß, was wir bestellen werden und der uns mit Handschlag begrüßt, weil wir nun schon zu Stammgästen geworden sind. Wie schnell wird man Zuschauer oder Mitwirkender in einem wiederkehrenden Stück, das jeden Tag zu ähnlicher Zeit am gleichen Ort gespielt wird.

 
 
 
 
 
 

 

Mittwoch, 25. Juni 2025

070 Anarchie

Hinter dem Neonlicht und den rechteckig-milchigen Fenstern, hinter dem vergeblichen Versuch der Eindämmung und der Begrenzung, der Begradigung wächst anarchistisch die Natur ganz nah heran in gefährlichen wandelmütigen Farben, im Ungewissen ihrer Konturenlosigkeit. Uneinschätzbar, wohin die Baumzweige sich morgen wagen werden und die chaotische Freude ihrer Blätter im leichten sommerlichen Windchen...

Samstag, 26. April 2025

Samstag, 12. April 2025

068 Fenster

Dies ist eine kleine Auszeit hier

mit einem Fenster nach irgendwohin.


Und wenn du mich siehst,

wie ich hinausschaue,

um dich zu suchen,

wirst du mir winken

von überall?

 

Kommt eine Zeit,

da flieg ich dir nach.


 

Freitag, 28. März 2025

067 Vergängliches Königreich


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich atme den Frühling und staune ein jedes Jahr aufs Neue über die frühe Pracht der Magnolien und ihr vergängliches Königreich. Und ich trauere zugleich über den raschen Verlust ihrer Schönheit, wie sie verschwindet fast über Nacht, hinweggespült von einem einzigen heftigen Regenguss. Die Natur macht uns die Hoffnung vor. Ist das Vergehen ein Teil der Hoffnung?

Donnerstag, 27. Februar 2025

066 Die zertretene Krone des Königs der Gerechten

Da liegt die zertretene Krone des Königs der Gerechten, der nahm sein Buch und sein Gesicht von den Plakaten ab. Entkommen konnt er noch im letzten Augenblick, sonst hätt man ihn hinausgejagt wie Andere zuvor. Denn ein paar solche gab es schon. Wohin er ist? In ein Exil vielleicht, wo ihn die Jäger nicht vermuten.

Das Volk schreit um des Schreiens willen, es poltert, weil der Lärm so herrlich klingt, und weil die Wahrheit unter lauten Äxten so wunderschön zerschellt.

Die mit den Münzen in den Säcken, die fetten in den dunkelblauen Sakkos, die lachen hinter goldnen Türen dem Volk, dem immer schon so einfallsreichen, den Ast beharrlich ab. Weil das Dummverkaufen meist geholfen hat. Die flüstern sich die Freiheit als stille Post in ausgesuchte Ohren und am Ende der Reihe kommt dann das Wort Macht heraus.

Das Volk, es hat gewählt. Das war schon Mitsprache genug. Der Rest geschieht dort oben, wo kein schmutziger Schuh auch nur die unterste Treppenstufe betritt. Da sorgen die Wachtmeister schon dafür.

Denn jetzt wird mit Ländern gehandelt, als wollte man Autos verkaufen oder Grundstücke, Häuser. Ein großes Monopoly. Jetzt wird sich in Geographien eingemischt. Jetzt wird gefeuert oder vergiftet, der Eine so, der Andre so.

Da störn halt die paar Menschen zweiter Wahl. Doch auch für die gibt’s nette Plätzchen dort unten unter den Brücken der Welt. Oder in fernen Ländereien.

Verschwunden ist der König der Gerechten. Das Jahr zog über ihn hinweg, die Stimmung auch. Erst in der Zukunft werden Zeiten kommen, da wird man ihn vielleicht vermissen. Aber das können wir heut noch gar nicht wissen.