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Sonntag, 23. November 2025

074 Ansichtskarte (Neapel)

Ein kalter Wintertag. Frost umkränzt die Blätter, das Gras, alles um mich herum wie ein Ornament. Draußen. Frisches Erwachen. Wie wenn ich in einen Bergkristall hineinschaue, in seine reine Kraft. Sonne löst das Eis erst gegen Mittag auf. 
Wie lange sie nun schon her sind, die Espressotage, die behutsamen Schritte durch die dunklen Gassen, die lauten Stimmen der Straße und das Flattern frisch gewaschener Jogginghosen unter dem blauen Himmel - mit einem kleinen Ausschnitt vom Meer. 
Was bleibt? Die Photographie einer Ansichtskarte, die ich verschickt habe. Auch sie ist nur noch in der Erinnerung mein...

Sonntag, 9. November 2025

073 Sich verlaufen (Neapel)

In einem Viertel, das man als Fremder nachts besser meidet, verlaufe ich mich zwischen hupenden kleinen Fiats, Mopeds, blinkenden Lichtern, Marktschreiern und solchen, die es werden wollen, Friseurgeschäften und Fischverkäufern, natürlich auch im Duft der Pastellarias und unter den Wäschestücken, die mich fast verstecken. Diese Gegend liegt außerhalb meines Stadtplans, sodass ich hier völlig freizügig wandle wie in einem Niemandsland, das ich nicht kenne und das mich in seinem Labyrinth verschluckt.

Aber ich weiß: im Notfall würde mich Maradona retten oder eine Mutter Gottes, die von einem der zahlreichen Altäre mild herunterschaut, oder die zwei Jungs, die sich in eine Kirche begeben, - das müssen Ministranten sein, denn sie verschwinden schnurstracks in der Sakristei. Die sind schon mal nicht zu kleinen Verbrechern geworden, denke ich.

So ist das also: ein Rausch aus Duft und Farbe und Lärm. Bevor ich ganz versinke, suche ich mir einen Ausweg auf eine große Straße, deren Namen wieder auf meinem Stadtplan zu finden  ist.